Rietberg geht mit Millionen-Minus ins neue Jahr

Mehrere hundert Euro liegen in unterschiedlichen Scheinen gefächert auf einem Tisch.

Stadtrat verabschiedet mehrheitlich defizitären Haushalt

Rietberg. Die Gebühren für die Abwasserbeseitigung, die Müllabfuhr und die Straßenreinigung hatte der Rat der Stadt Rietberg bereits im Dezember beschlossen. Jetzt haben die Ratsvertreter mehrheitlich auch die seit neun Jahren unveränderten Steuersätze verabschiedet. Mit sechs Gegenstimmen hat der Rat der Haushaltsplanung 2024 zugestimmt.

FDP, SPD und die fraktionslose Doris Heßbrüggen-Eisermann hatten dem Zahlenwerk die Zustimmung verweigert – weil ihnen die Sparmaßnahmen im Bereich des Klimaschutzes und des Tourismus zu weit gingen (SPD), oder insgesamt nicht weit genug gingen (FDP). Mit den Stimmen von CDU, UWG (ehemals FWG), Bündnis 90/Die Grünen und Bürgermeister Andreas Sunder wurde der Haushalt jedoch mehrheitlich verabschiedet, was ausnahmsweise erst zu Beginn des Haushaltsjahres geschah.

Vier Wochen zusätzliche Beratungszeit haben die fünf Fraktionen sowie ein fraktionsloses Mitglied genutzt, um das von der Verwaltung prognostizierte Defizit um rund 1,2 Millionen Euro auf nun 9,6 Millionen Euro zu reduzieren. Im Haushalt 2024 stehen den Erträgen von 78,4 Millionen Euro Aufwendungen in Höhe von 88 Millionen Euro gegenüber. Das Defizit soll aus der Ausgleichrücklage gedeckt werden, die derzeit über rund 30 Millionen Euro verfügt.

In den Finanzplanjahren 2025 bis 2027 rechnet Kämmerer Andreas Göke ebenfalls mit hohen negativen Ergebnissen. Die hohen Defizite in den Folgejahren und das enorme Investitionsvolumen stellen die Stadtverwaltung in den nächsten Jahren vor große finanzielle Herausforderungen. Allein die geplante Aufnahme von Investitionskrediten in Höhe 44,1 Millionen Euro und von Liquiditätskrediten in Höhe von 23,3 Millionen Euro in den Jahren 2024 bis 2027 verdeutlichen die angespannte Finanzlage.

Eine wichtige Investitionsmaßnahme wird die Sanierung der Rathausstraße sein, die bereits in diesem Jahr beginnen soll und in fünf Bauabschnitten mehrere Jahre dauern wird. Es müssen die rund 60 Jahre alten Schmutz- und Regenwasserkanäle saniert werden. Anschließend wird die Straßendecke ebenerdig gestaltet, um den Radfahrern mehr Sicherheit und der Gastronomie mehr Raum zu geben. Die Neugestaltung der sogenannten Neuen Mitte, den Platz zwischen Rathaus und Pfarrkirche, hat die Politik allerdings mehrheitlich ans Ende der Sanierungsmaßnahme geschoben, um zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu beraten, ob dieser Abschnitt überhaupt realisiert werden soll.

Weitere Maßnahmen, die im Zuge der Haushaltsberatungen beschlossen wurden: Das Förderprogramm »Jung kauft alt«, aus dem bislang der Erwerb einer Immobilie gefördert wurde, die älter als 25 Jahre ist, fällt künftig weg. Ersatzlos gestrichen wurde auch ein Förderprogramm zur Vermietung von Leerständen in Rietbergs Innenstadt (Programm »Zukunftsfähige Innenstädte«). Das städtische Förderprogramm »Gezielt Handeln für Klimaschutz und Klimafolgenanpassung«, ebenfalls eine weitere freiwillige Leistung der Stadt, wurde um die Hälfte reduziert. In diesem Jahr stehen 60.000 Euro bereit, um die Bürgerinnen und Bürger in ihren Bemühungen um mehr Klimaschutz zu unterstützen.

Die Kosten für die Einrichtung des neuen Gymnasiums (der Bau soll in diesem Jahr fertig werden) können um 11 Prozent reduziert werden, weil vorhandenes Mobiliar weiterverwendet werden soll. Auf einen Fahrradunterstand an der Asylunterkunft Jerusalemer Straße wird ebenso verzichtet wie auf die seit mehr als drei Jahren diskutierte Anlegung von Wohnmobilstellplätzen (500.000 Euro) zur Steigerung des Tourismus.

Im Freibad wird die Instandhaltung der Gehwegplatten und Erneuerung der Ringleitung um ein Jahr verschoben und damit – zumindest in 2024 – rund 480.000 Euro eingespart. Zudem darf die Sanierung des Sandmatschbereichs nur noch halb so viel kosten wie zunächst vorgesehen (75 statt 150.000 Euro).

 

Hintergrund:

Die Hebesätze für die Realsteuern betragen 2024 in Rietberg:

Gewerbesteuer:                                                      414 v.H.

Grundsteuer A (landwirtschaftliche Betriebe):   280 v.H.

Grundsteuer B (Grundstücke):                             425 v.H.