
Teil 3: Die unabhängige Instanz der Stadtverwaltung
Rietberg. Dass die Steuergelder im städtischen Haushalt effektiv und wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden – darum kümmern sich die Mitarbeiterinnen der Zentralen Vergabestelle im Rietberger Rathaus. »Vergabestelle« deshalb, weil dort mittlere und große Aufträge an externe Firmen vergeben werden. Und »Zentral«, weil hier alle Aufträge aus allen Abteilungen zusammenfließen.
Was aber geschieht in der Zentralen Vergabestelle (ZVS) konkret?
Wenn die Stadt etwas bauen möchte oder Dienstleistungen an zum Beispiel Bus- oder Reinigungsunternehmen vergibt, dann meldet die zuständige Fachabteilung zunächst diesen Wunsch an. Deren Mitarbeiter erstellen ein Leistungsverzeichnis, also eine detaillierte Auflistung aller Leistungen, die im Rahmen eines Auftrags erbracht werden müssen. Die Mitarbeiterinnen der Zentralen Vergabestelle schreiben die Leistungen dann öffentlich aus, so dass sich Firmen bewerben können, den Auftrag zu übernehmen. Ab einer gewissen Auftragssumme müssen Aufträge sogar europaweit ausgeschrieben werden. In der Regel müssen sie einen Preis vorschlagen, zu dem sie den Auftrag übernehmen – sie müssen auf den Auftrag bieten. Die Mitarbeiterinnen der ZVS vergleichen anschließend alle Angebote. Einerseits wollen sie ein möglichst günstiges Angebot auswählen, andererseits muss es aber auch wirtschaftlich sein. Das ist nicht immer das gleiche. Natürlich kontrollieren sie auch, ob die Angebote formale oder rechnerische Fehler beinhalten. Die Fachabteilungen wiederum prüfen, ob alle Anforderungen aus dem Leistungsverzeichnis erbracht werden.
So können die Bieter darauf vertrauen, dass die Mitarbeiterinnen der Vergabestelle mit einem neutralen Blick auf die Angebote schauen. Und die städtischen Mitarbeiter sind vor Korruption geschützt. „Wir verstehen uns als unabhängige Instanz“, sagt Christiane Meyer-Handing, Leiterin der der Zentralen Vergabestelle.
So sind Meyer-Handing und ihre Kolleginnen Ikbal Ertas und Alexandra Kühl auch Mittelsleute zwischen den Bietern und den städtischen Fachabteilungen; Konfliktgespräche inklusive. Oft gebe es Kritik, weil vieles so lange dauert und überreguliert erscheint. Aber „zum Schutz aller Beteiligten ist dies der beste Weg“, sagt Meyer-Handing. Zudem ist das Vergaberecht ein EU-Recht, untergliedert in Bundes- und Landesrecht. Es ist also nicht leicht, hier den Überblick zu behalten. Gerade deshalb macht es Sinn, dass alle Vergaben zentral an einer Stelle stattfinden. Weil sich Meyer-Handing, Ertas und Kühl bei den Gesetzestexten auf dem Laufenden halten, wissen die Fachabteilungen diesen Service zu schätzen.
Die gesamte Ausschreibung samt anschließender Submission, also der Zeitpunkt, an dem die eingereichten Angebote der Bieter geöffnet werden, finden elektronisch statt. „Somit sind wir in der ZVS komplett digital und papierlos“, ergänzt Ikbal Ertas. Sie schätzt an ihrer Tätigkeit die Vielseitigkeit und Komplexität. „Wir haben in vieles, was in der Stadtverwaltung geschieht, Einsicht. Und sind in einem ständigen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Abteilungen.“
Ja, ein gutes Zahlenverständnis und eine hohe technische Affinität sei bei ihrer Arbeit schon hilfreich, sagt Meyer-Handing. „Wir arbeiten viel mit Excel, Access und Kalkulationsprogrammen.“ „Und man muss sehr strukturiert arbeiten können“, ergänzt Ertas. Das hat auch damit zu tun, dass die drei Kolleginnen nicht nur die Aufträge der Stadtverwaltung Rietberg bearbeiten. Die ZVS ist auch für die Beschaffungen und Vergaben der Stadt Verl und der Gemeinde Langenberg zuständig. Die drei Kommunen teilen sich eine Zentrale Vergabestelle. So kommen durchschnittlich rund 220 Ausschreibungen im Jahr zusammen, die durch ihre Hände beziehungsweise über ihre Monitore laufen.
Ob diese Zahl weiterhin Bestand haben wird, ist offen. „Einerseits ist die wirtschaftliche Lage angespannt. Andererseits müssen die Städte und Gemeinden ihre Infrastruktur erhalten und sollen als Wirtschaftsmotor dienen“, sagt Meyer-Handing. „Es bleibt spannend.“