
Silke Hildebrandt wagt den Spagat zwischen verschiedenen Interessen
Rietberg. Sie sieht sich selbst als Kümmerin, die dafür sorgen muss, dass manche Dinge, die am Anfang vielleicht nicht zusammenpassen, am Ende doch ein großes Ganzes ergeben. Dabei versucht sie den Spagat zwischen Bürgerwünschen, politischem Willen und fachlichen Bedingungen zu schaffen: Silke Hildebrandt ist Stadtplanerin und als solche zuständig für die Neu- oder Weiterentwicklung von städtischen Bauvorhaben.
Unter den insgesamt sieben Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Stadtentwicklung ist Silke Hildebrandt nominell die einzige Stadtplanerin. Die 30-Jährige hat in Hamburg Stadtplanung studiert und zunächst ihren Bachelor und später auch noch ihren Master gemacht. Die Stelle der Stadtplanerin ist vor fünf Jahren, als sie ihren Job bei der Stadt Rietberg angetreten hat, neu geschaffen worden. „Stadtplanung ist eine Schnittstellenaufgabe, die viele Disziplinen zusammenführen muss“, erklärt Silke Hildebrandt und nennt als Beispiele die Bereiche bauliche Entwicklung, Verkehr und Mobilität, Grünplanung oder Soziales, die es zu bedenken gilt, wenn eine neue Planung ansteht. Sie bringt alle Disziplinen an einen Tisch und versucht, alle Ansprüche in Einklang zu bringen, damit am Ende eine verbindliche Bauleitplanung herauskommt, die dann von der Politik beschlossen werden kann. Und muss.
Hat sie eine freie Fläche zur Planung vor sich, überlegt sie, wie sich diese unter Berücksichtigung des Umfeldes, der bestehenden Verkehrsachsen, der benachbarten Bebauung und ähnlicher Faktoren sinnvoll aufteilen lässt. „Eine solche Planung soll sich immer ins Stadtbild einfügen und sozialverträglich sein“, betont die gebürtige Rheinland-Pfälzerin. Nicht immer hat sie eine freie Fläche zur Planung zur Verfügung, oft handelt es sich auch um eine Nachverdichtung oder Umnutzung im Bestand, zum Beispiel um die Erweiterung einer Wohnsiedlung oder eine Gewerbeentwicklung. „Im Bestand zu planen, ist schwieriger, als eine freie Fläche zu entwickeln. Aber es ist wichtig, auch die Gebiete im Blick zu behalten und zu überprüfen, die schon da sind.“
Ziel einer jeden Planung ist es, einen Bebauungsplan aufzustellen, der eine politische Mehrheit findet. Oft muss dafür zunächst auch noch der Flächennutzungsplan geändert werden. Die Vorgaben hierzu kommen von der Bezirksregierung. „Ich führe viele Gespräche“, berichtet Silke Hildebrandt. In den meisten Beteiligungsverfahren haben die Bürger zweimal die Möglichkeit, sich zu äußern – klar, dass nicht jeder immer mit jeder Planung einverstanden ist. „Auch hier ist Kommunikation wichtig“, weiß die 30-Jährige. „Ich muss immer erklären können, warum ich was aus welchem Grund und auf welche Weise plane. Bei aller Kritik können manche Bürger die fachlichen Argumente dann nachvollziehen.“
Eine Herausforderung, sagt die Stadtplanerin, sei die Tatsache, dass die Planungen im Idealfall sehr langfristig angelegt seien und oft einen Zeitraum von 50, 80 oder sogar 100 Jahren umfassten. „Ich muss den demografischen Wandel einplanen, den Klimawandel und die Digitalisierung einkalkulieren. Aber in die Glaskugel schauen kann ich auch nicht“, betont sie. Dennoch versucht sie, die Voraussetzungen zu schaffen, damit eine Planung doch auch noch eine gewisse Flexibilität ermöglicht. Die Stichworte zukunftsweisend und nachhaltig hat sie bei ihrer Arbeit immer im Kopf. Bei so vielen Anforderungen überrascht es nicht, dass es manchmal eine ganze Weile dauert, bis ein Projekt umsetzungsreif ist. „Das liegt aber nicht daran, dass wir so langsam arbeiten“, betont Silke Hildebrandt. „Vielmehr ist es so, dass wir inzwischen immer häufiger Gutachten einholen und vorlegen müssen, zum Beispiel zu Umwelt- oder Klimaschutzthemen. Das braucht alles seine Zeit.“ Nicht selten vergehen zwischen zwei und fünf Jahren zwischen dem Aufstellungs- und dem Satzungsbeschluss. Doch wenn am Ende alles passt, ist Silke Hildebrandt zufrieden. Dann hat sie als Kümmerin ganze Arbeit geleistet.