
Rathausstraße: Kanalarbeiten fördern alte Holzbalken zu Tage
Rietberg. Die Bauarbeiten in der Rathausstraße gehen gut voran. Aktuell sind die Bagger am Südtor tätig. Dort werden neue Rohre für die Schmutzwasserkanalisation verlegt. Dabei machten die Bauarbeiter jetzt eine besondere Entdeckung: Aus mehr als zwei Metern Tiefe zogen sie lange, schwere Holzbalken auf dem Boden. Sie könnten im 14. Jahrhundert einmal die Stützen für das Stadttor gewesen sein.
Die immer noch gut erhaltenen Holzpflöcke sind mehr als zwei Meter lang und wohl gut 300 Kilo schwer. Unter dem Sand im torfhaltigen Boden wurden sie gut konserviert. Nun untersuchen die Archäologen diese Holzpfähle. Sie begleiten auch die weiteren Bauarbeiten in der Rathausstraße und beobachten jeden Schritt, um eventuell weitere Fundstücke zu sichern. Schon jetzt haben sie im tiefen Boden Reste von Reisig und weitere Hölzer gefunden. Ähnlich wie in diesem Sommer am Klingenhagen. Wie in einer Baustelle dort, könnte man nun auch in der südlichen Rathausstraße davon ausgehen, dass die Stadt im späten Mittelalter etwa 1,50 Meter tiefer gelegen war und die Menschen die oft feuchten Wege mit Holzbrettern und Reisig befestigten.
Rietberg, urkundlich erstmals erwähnt im Jahre 1289, ist im heute historischen Stadtkern auf torfhaltigem Grund gebaut. Die Ems und ein von ihr umflossener Umflutgraben schützten gemeinsam mit einem aufgeschütteten Erdwall die Stadt. Denn eine Stadtmauer hat Rietberg wohl nie gehabt. Überall mussten früher Gründungspfähle in den Boden gerammt werden, um den Häusern Stabilität zu geben. Auch die einstigen Stadttore am nördlichen und südlichen Ende der heutigen Rathausstraße wurden womöglich auf solche Pfähle gegründet.
Das Südtor mag im 14. Jahrhundert auf Höhe der heutigen Kreuzung mit der Sennstraße und dem Klingenhagen gestanden haben. Da die schweren Balken etwa auf Höhe Rathausstraße 59 gefunden wurden, liegt es nahe, zu vermuten, dass dies Überreste des ersten Stadttores sein könnten. Gleichwohl: Als die Bevölkerung zunahm, wuchs die Stadt – und man benötigte mehr Platz hinter dem Tor. So wurde selbiges ein paar Meter weiter nach Süden versetzt, etwa auf Höhe des heutigen Rossmann-Marktes. Die Rietberger Stadttore mag es bis etwa 1800 gegeben haben.
Schon auf der gesamten Länge der Rathausstraße, etwa ab der Ems, ist in den vergangenen Monaten die Asphaltdecke der Rathausstraße aufgerissen worden, um neue Rohre zu verlegen. Die Kanalisation stammt aus den 1960er Jahren, ist teilweise marode und genügt den heutigen Ansprüchen nicht mehr. Inzwischen ist die Baufirma bis zum Südtor vorangeschritten.
Dort laufen die Arbeiten abschnittsweise nacheinander: Zunächst wird die Straße geöffnet, der Schmutzwasserkanal wird ausgetauscht und der Rohrgraben wieder geschlossen. Anschließend wird die Straße etwa zwei Meter daneben erneut geöffnet, um die Regenwasserkanäle zu verlegen. Dies geschieht nacheinander, weil man in diesem Abschnitt die Rathausstraße nicht auf der gesamten Breite öffnen kann. Es bestünde die Gefahr, dass Erdboden nachrutschen und die Standfestigkeit der umstehenden Häuser beeinträchtigen könnte.
Mit einem sogenannten Verbau, also zwei parallelen Eisenwänden, wird der Kanalgraben daher stabilisiert und gegen nachrutschendes Erdreich gesichert. Zwischen diesen Schutzwänden untersuchen nun Archäologen die Bodenbeschaffenheit, dokumentieren die Bodenschichten und sichern eventuelle Fundstücke aus dem Mittelalter.
In einem nächsten Schritt wird die Straße später neu gepflastert und auch optisch aufgewertet.


